Neuanfang in Spanien – Meine Erfahrungen und Tipps fürs Einleben

Ein Neuanfang, gemischte Gefühle. Zwischen Trauer über den Abschied und die Vorfreude auf das neue Leben. Ich habe mich im Februar 2023 zusammen mit einer Freundin und einem vollgepacktem Auto auf den Weg in den Süden gemacht. Den Weg über hatte ich sehr gemischte Gefühle. Traurigkeit und Melancholie durch den Abschied von meinem Zuhause und meinen Lieben. Müdigkeit durch die Reise. Und natürlich Vorfreude auf das neue Leben in Spanien!

In diesem Beitrag erzähle ich, wie es danach weiterging – wie ich in Spanien wirklich angekommen bin. Vom heimisch werden in einer neuen Umgebung, über erste Spanisch-Erfolge im Alltag bis hin zu den ersten Begegnungen, die zu Freundschaften wurden. Mein Weg vom Ankommen zum Einleben.

Die Wohnung

Die ersten Wochen fühlten sich an wie Urlaub

Eines der ersten großen Themen bei einem Umzug nach Spanien: die Wohnung. Die ersten Wochen in unserer neuen Wohnung fühlten sich für mich eher wie Urlaub an. Die Wohnung haben wir möbliert gemietet, das ist hier bei Mietwohnungen relativ häufig der Fall. Die Möbel waren zwar nicht unsere, aber durchaus gemütlich. Trotzdem war das Ankommen nicht ganz so einfach, wie es vielleicht auf den ersten Blick schien. Denn obwohl wir einen festen Wohnsitz hatten, fühlte es sich lange nicht wie zu Hause an. Es ist ein Unterschied, ob man ein Zuhause hat oder einfach nur irgendwo wohnt.

Wo sind eigentlich unsere Sachen?

Unsere eigenen Sachen – Kleidung, Deko, persönliche Dinge – kamen erst mit einigen Wochen Verzögerung an. Viele Kleinigkeiten, die man im Alltag ständig benutzt, fehlten einfach. Ich fühlte mich wie im Urlaub – aber nicht im klassischen Sinne. Eher wie ein längerer Aufenthalt in einem Airbnb: funktional, vorübergehend, nicht ganz real. Erst mit der Zeit, als unsere vertrauten Dinge endlich eintrafen und Stück für Stück Einzug hielten, veränderte sich etwas. Die fremde Wohnung begann, sich vertrauter anzufühlen.

Stück für Stück wird’s Zuhause

Auch heute wohnen wir noch in dieser Wohnung – und mittlerweile fühlt sie sich tatsächlich wie ein Zuhause an. Vielleicht nicht unser Zuhause im ganz persönlichen Sinne, aber ein Ort, an dem wir angekommen sind…

Auch wenn die Wohnung nicht alle unsere Wünsche erfüllt, der Ausblick entschädigt alles!!!

Wenn dich das Thema Umzug interessiert, findest du in meinem Artikel „Der Umzug nach Spanien – eine Schritt-für-Schritt-Anleitung“ weitere Informationen.

Die Sache mit der Sprache

Sprache ist mehr als nur Wörter

Wenn man in einem Land lebt, sollte man sich bemühen, die Landessprache zu sprechen. Das ist natürlich zum einen wichtig für die Integration, aber für mich hat es auch etwas mit Respekt gegenüber dem Land und der Kultur zu tun. Wie kann ich die Menschen vor Ort verstehen, wenn ich ihre Sprache nicht spreche – und das meine ich nicht nur im wörtlichen Sinne, sondern auch auf einer tieferen Ebene.

Sprache ist mehr als nur ein Mittel zur Kommunikation. Sie spiegelt wider, wie Menschen denken, fühlen und die Welt um sich herum wahrnehmen. In Redewendungen, im Humor, in der Art, wie man ein Gespräch beginnt oder beendet, offenbaren sich Mentalität, Werte und Sichtweisen. Wer die Sprache nicht spricht, bleibt außen vor – nicht nur im Gespräch, sondern auch im Verständnis für die kleinen Zwischentöne, die ein Miteinander prägen. Sprache zu lernen bedeutet für mich daher auch, sich auf das Wesen eines Landes einzulassen und seine Menschen wirklich kennenzulernen.

Alles begann mit einer App und einem VHS-Kurs

Spanisch hat mich schon lange fasziniert – diese melodische, lebendige Sprache aus dem Süden. Wirkliche Berührungspunkte hatte ich zwar nicht, aber der Wunsch, sie zu lernen, war über Jahre hinweg immer mal wieder da. 2017, nach meiner ersten Reise nach Spanien, habe ich es dann endlich in die Tat umgesetzt. Noch bevor ich meinen spanischen Partner kennengelernt habe und bevor ich auch nur im Entferntesten an eine Auswanderung hätte denken können.

Begonnen habe ich mit der App Duolingo, später habe ich über zwei Jahre an einem Volkshochschulkurs teilgenommen. Und natürlich hat mich auch mein Partner unterstützt. Man könnte jetzt denken: Na wenn dein Partner Spanier ist, dann musst du doch fließend Spanisch sprechen können! Theoretisch ja – praktisch sah das aber ein bisschen anders aus.

Theorie und Alltag – zwei Welten

Als wir uns kennenlernten, war er gerade erst nach Deutschland gezogen und sprach noch kaum Deutsch. Deshalb haben wir den Fokus zunächst ganz klar auf meine Sprache gelegt – einfach, damit der Alltag leichter wird. Und damals hätte ich auch nie gedacht, dass ich ein paar Jahre später selbst in Spanien leben würde! So hat sich das Deutsch in unserer Beziehung irgendwie eingebürgert. Und dabei ist es geblieben. Bis heute sprechen wir meistens Deutsch miteinander – der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier.

Sprachkurs: Lernen & Leute treffen

In Spanien habe ich dann erneut einen Sprachkurs besucht – und das war in zweierlei Hinsicht eine gute Entscheidung: Zum einen konnte ich mein Grammatik Wissen auffrischen, zum anderen war es eine tolle Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen. Trotzdem blieb ein zentrales Problem bestehen: Ich sprach die Sprache nicht wirklich. Mir fehlte oft das nötige Vokabular, und noch viel mehr: der Mut, einfach draufloszureden. Ich hatte Angst, Fehler zu machen. Doch – surprise: Um eine Sprache wirklich zu lernen, muss man sie sprechen – mit allen Fehlern, die dazugehören.

Sprechen lernt man nur beim Sprechen!

Rückblickend war meine Lernstrategie nicht ideal: Zu viel Grammatik, zu viel Denken – und zu wenig Sprechen. Ich wollte alles korrekt machen und habe mich dadurch selbst blockiert. Erst durch meine Arbeit vor Ort hat sich das geändert. Ich musste einfach reden – Fehler hin oder her. Und siehe da: Ich wurde trotzdem verstanden. Daher mein Tipp an dich: Warte nicht auf Perfektion. Sprich, höre zu, lerne im Alltag. So wächst du mit der Sprache – Schritt für Schritt.

Ein paar Tipps für dich zum Sprachenlernen

Einige Möglichkeiten habe ich dir bereits genannt:

  • Sprachlern-Apps wie Duolingo, Babbel, Busuu, Drops – sie helfen dir beim Vokabular, ideal als Einstieg oder als Ergänzung für zwischendurch
  • Sprachkurse – ein strukturierter Einstieg, für alle Sprachlevel geeignet und eine tolle Möglichkeit, Gleichgesinnte kennenzulernen.
  • Alltägliche Situationen nutzen (wenn du bereits vor Ort bist) – Ob im Supermarkt, beim Arztbesuch oder im Treppenhaus mit dem Nachbarn: höre im Alltag bewusst zu, um neue Ausdrücke und Redewendungen aufschnappen und vor allem sprechen zu üben.

Darüber hinaus möchte ich dir noch weitere Möglichkeiten aufzeigen, wie du eine Sprache lernen könntest, denn wir sind alle unterschiedliche Lerntypen. Für jeden funktioniert etwas anderes besser oder schlechter.:

  • Sprachtandem-Partner suchen – Such dir jemanden über jeweilige Plattformen oder Facebook-Gruppen, der deine Muttersprache lernen möchte und mit dir seine Sprache (Spanisch) teilt. Ihr könnt euch zum Beispiel auf einen Kaffee treffen und abwechselnd sprechen
  • Lieblingsmedien auf der neuen Sprache konsumieren – Schau Serien / Filme, höre Podcasts oder lese Bücher auf Spanisch.
  • YouTube-Videos – YouTube bietet jede Menge spannende Kanäle, die dir beim Sprachenlernen helfen – von Grammatik und Vokabeln bis hin zu Aussprache und kulturellem Hintergrund.
  • Post-its & Spickzettel für den Alltag – Beschrifte Gegenstände in deiner Wohnung oder erstelle kleine Erinnerungskärtchen für typische Situationen.
  • Laut mitlesen oder nachsprechen – Nimm dir Texte oder Songtexte und sprich sie laut nach – das trainiert Aussprache und Sprachgefühl. Bei Songtexten kannst du auch dein Hörverstehen trainieren, indem du zuvor den Text aufschreibst.

Allein unter Menschen?

Ankommen ist mehr als Umziehen

Für ein richtiges Ankommen an einem neuen Ort braucht es mehr als nur einen Wohnsitz. Es braucht ein soziales Umfeld, das Gefühl ein Teil von etwas zu sein. Für mich was das einer der schwierigsten Aspekte beim Einleben in Spanien. Anfangs habe ich mich eher zurückgezogen als aktiv Anschluss zu suchen.

Ich hatte fast so etwas wie eine soziale Blockade – vor allem im Kontakt mit Spanierinnen und Spaniern. Ich hatte Angst, etwas Falsches zu sagen, nicht verstanden zu werden oder einfach nicht dazuzugehören. Gerade in Alltagssituationen habe ich ganz oft einfach meinen Partner sprechen lassen.

Erste Kontakte und kleine Schritte

Geholfen hat mir mein Spanischkurs. Dort habe ich meine ersten sozialen Kontakte geknüpft – und daraus sind sogar Freundschaften entstanden. Das war unglaublich wertvoll für mich, aber letztlich waren wir auch dort alle Ausländer. Es hat mir geholfen, mich nicht mehr allein zu fühlen, aber das eigentliche Problem – der fehlende Kontakt zu Einheimischen – blieb bestehen.

Und ehrlich gesagt: Ich fühlte mich auch nicht wirklich als Teil der Gesellschaft. Ich war eine von „den Deutschen“, die nach Spanien zieht – und manchmal hatte ich das Gefühl, als würde ich sogar in Konkurrenz zu Einheimischen stehen. Vor allem, als ich eine Arbeit gefunden habe, kam mir kurz der Gedanke: Bin ich jetzt eine von denen, die den Spaniern den Job wegnimmt?

Mit der Arbeit kam die Zugehörigkeit

Aber genau durch diese Arbeit hat sich etwas verändert. Ich wurde gebraucht, eingebunden, war Teil eines Teams – und plötzlich auch Teil der Gesellschaft. Das passierte nicht über Nacht, aber Stück für Stück habe ich gemerkt: Ich bin nicht nur da, ich gehöre dazu. Heute weiß ich: Soziale Integration braucht Zeit, Engagement und vor allem eins: MUT!

Veranstaltungen und Community-Apps

Es gibt viele Möglichkeiten, um Anschluss zu finden – besonders am Anfang. In sozialen Netzwerken wie Facebook findet man unzählige Gruppen zu den unterschiedlichsten Themen und Regionen. Ich selbst bin zunächst einer Sprachgruppe in meiner Nähe beigetreten und habe mir einen Sprachtandem-Partner gesucht. So konnte ich nicht nur jemand Einheimischem kennenlernen, sondern gleichzeitig mein Spanisch verbessern – im Austausch gegen Deutsch.

Außerdem gibt es – zumindest in größeren Städten – oft Plattformen oder Apps, auf denen lokale Veranstaltungen und Treffen angekündigt werden, zum Beispiel auf www.meetup.com. In Alicante ist die Auswahl zum Beispiel groß: Von Wanderungen über Spieleabende bis hin zu Sprachaustausch-Treffen ist alles dabei.

Das Leben in Spanien findet draußen statt!

Möglichkeiten, um in einem neuen Land Anschluss zu finden:

Falls du auch an einem ähnlichen Punkt stehst wie ich damals, möchte ich dir hier einige Ideen mitgeben, wo du soziale Kontakte knüpfen kannst:

Sprachliche und kulturelle Angebote

  • Sprachkurse (vor Ort oder online)
  • Sprachtandem oder Sprachpartner, zum Beispiel über Apps oder soziale Netzwerke
  • Interkulturelle Treffen oder Kulturcafés

Online-Communities und Apps

  • Facebook-Gruppen, z. B. für Expats oder bestimmte Interessen
  • Meetup für Freizeitaktivitäten, Sprachaustausch oder gemeinsame Hobbys
  • Girl Gone International – ein Netzwerk speziell für Frauen
  • Eventbrite – Veranstaltungen, Kurse und Workshops in der Umgebung
  • Internations – ein Netzwerk speziell für Expats
  • Couchsurfing Hangouts – spontane Treffen in der Stadt

Freizeit und Hobbys

  • Sportvereine, Fitnesskurse, Laufgruppen
  • Tanz-, Yoga- oder Kochkurse
  • Wandergruppen, oft über soziale Medien oder lokale Apps organisiert
  • Kreativ- oder Musikangebote wie Töpfer- oder Zeichenkurse

Freiwilligenarbeit und soziales Engagement

  • Ehrenamtliche Tätigkeiten in sozialen oder ökologischen Projekten
  • Nachbarschaftshilfe oder Gemeinschaftsinitiativen
  • Unterstützung von gemeinnützigen Organisationen oder NGOs

Berufliches Umfeld

  • Arbeiten in einem lokalen Unternehmen
  • Coworking-Spaces, ideal für Selbstständige oder Remote-Arbeitende
  • Netzwerktreffen oder Veranstaltungen im eigenen Berufsfeld

Alltag und spontane Begegnungen

  • Stammcafé oder Wochenmarkt in der Nachbarschaft
  • Smalltalk mit Nachbarn, beim Hundespaziergang oder an der Bushaltestelle
  • Offenheit zeigen – auch wenn die Sprachkenntnisse noch nicht perfekt sind

Reflexion über den inneren Prozess der Auswanderung

Ich möchte dir abschließend noch einen etwas tieferen Einblick in meine persönliche Gefühlswelt geben. Ein halbes Jahr nach meiner Ankunft in Spanien wurde mir erst bewusst, was die Auswanderung in mir ausgelöst hatte – etwas, das ich zunächst unterbewusst verdrängt hatte.

Plötzlich ohne Wurzeln

Sie hat mich entwurzelt: von meiner Familie, meinen Freunden, meiner Sprache, meiner Kultur, von meinem sicheren und gewohnten Ort. Ich bin ein sensibler Mensch und nehme vieles intensiver wahr als andere. Heute ist mir klar: ich bin in eine Art Schockstarre gefallen – innerlich wie gelähmt, weil ich das Ausmaß der Veränderung erst nach und nach verarbeiten konnte. Das klingt vielleicht dramatisch, aber für unser Nervensystem ist es das tatsächlich auch.

Der innere Prozess braucht Zeit

Es ist wichtig, sich bewusst Zeit für den inneren Prozess zu nehmen. Oft erwarten wir von uns, dass wir uns schnell anpassen. Doch der Verlust von Vertrautem erfordert Geduld. Gönn dir die Zeit, diese Gefühle zu erkennen und anzunehmen. Sei ehrlich zu dir und nimm die regelmäßig Momente der Reflexion.

Auch wenn dieser Prozess herausfordernd ist, steckt in ihm gleichzeitig eine große Chance: Du lernst dich selbst neu kennen, entwickelst innere Stärke und wächst über dich hinaus. Es ist okay, wenn nicht alles sofort leicht fällt – wichtig ist, dass du dranbleibst und dir selbst mit Mitgefühl begegnest. Schritt für Schritt findest du deinen Platz, baust dir ein neues Zuhause auf und wirst spüren: Du bist angekommen. Denn die wirklich wichtigen Wurzeln findest du in deinem Inneren und nicht nur im Außen.

Meine neuen Wurzeln wachsen noch – die vom Feigenbaum übrigens auch 😅


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